Stellen Sie sich z.B. ein großes Versicherungsunternehmen vor, dass Vermögensgegenstände im Wert von 10 Mrd. € besitzt und dabei keine Schulden hat. Wenn ein solches Unternehmen an der Börse mit einem Wert von unter 10 Mrd. € bewertet wird, dann ist es möglicherweise unterbewertet. Der Value-Investor wird versuchen, solche werthaltigen Unternehmen aufzuspüren.
Kennzeichen solcher Unternehmen sind meistens eine gute Marktposition, überdurchschnittliche Profitabilität und eine stabile Gewinnentwicklung. Unter den identifizierten Value-Aktien sucht der Investor diejenigen heraus, die er für unterbewertet hält. Ein Value-Investor konzentriert sich also insbesondere auf das Investment in Unternehmen mit niedriger Bewertung sowie stabilen Wachstums- und Ertragsaussichten. Der Value-Investor rechnet damit, dass der Markt momentan die Werthaltigkeit der Gesellschaft verkennt, langfristig aber zu besserer Einsicht gelangen wird.
Value-Investment zielt demnach nicht auf kurzfristige Spekulationsgewinne, sondern auf eine langfristige und solide Wertsteigerung ab.
Einer der bekanntesten und erfolgreichsten Value-Investoren ist der amerikanische Multimilliardär Warren Buffett. Als Schöpfer der Value-Strategie gilt Warren Buffets Lehrmeister Benjamin Graham. Dieser verfasste im Jahr 1934 mit David Dodd das Standardwerk der Finanzanalyse "Security Analysis". Grahams Schüler Buffett war mit der Value-Strategie auch in schlechten oder turbulenten Börsenjahren erfolgreich und hatte dabei Unternehmen wie Coca Cola, American Express oder Gilette in seinem Portfolio.
Werthaltige Unternehmen sind an bestimmten Kennzahlen zu erkennen. Die klassischen Kennzeichen so genannter Value-Aktien werden nachstehend vorgestellt:
- Die gängigste Kennzahl zur Charakterisierung von Value-Unternehmen ist das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV). Der Marktwert errechnet sich aus dem Produkt aus Aktienkurs und der Anzahl der emittierten Aktien. Der Buchwert lässt sich aus der Bilanz des Unternehmens ablesen. Ist diese Kennzahl relativ gering, ist also der Wert des Unternehmens gemäß Bilanz z.B. größer als das Unternehmen an der Börse bewertet ist, so ist dies ein Indikator für einen Value-Wert.
- Eine weitere wichtige Kennzahl ist das sogenannte Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Das KGV ist aus dem aktuellen Börsenkurs, dividiert durch den erwarteten Gewinn pro Aktie zu errechnen. Wenn Sie den Börsenkurs als Preis für das Unternehmen und den Gewinn pro Aktie als entscheidende Größe für die Messung des Unternehmenserfolges begreifen, so gibt Ihnen ein niedriges KGV einen Anhaltspunkt für eine günstige Bewertung des Unternehmens und damit auch einen Hinweis darauf, dass es sich hierbei um einen Value-Wert handelt. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass ein KGV-Vergleich immer nur innerhalb einer Branche sinnvoll ist. So ist z.B. das KGV von Unternehmen der Stahlbranche tendenziell grundsätzlich niedriger als das von Unternehmen der Medienindustrie, da in beiden Branchen unterschiedliche Wachstumsmöglichkeiten bestehen.
- Darüber hinaus ist eine hohe Dividendenrendite eine weitere wichtige Kennzahl für Substanzwerte.
Werthaltige Unternehmen zählen i.d.R. eher zu den konservativen Titeln und regen nicht unbedingt die Phantasie der Spekulanten an. Aus diesem Grunde beinhalten die Börsenkurse dieser Unternehmen keine sogenannten Favoritenprämien, wodurch das Rückschlagspotenzial in Phasen fallender Notierungen gering ist.
Value-Ansätze werden als defensive Strategien angesehen. Eine solche Strategie kann starke Erträge liefern und in Schwächephasen der Finanzmärkte weniger stark verlieren als der Marktdurchschnitt.